Krokodile -

die Könige im Norden

 

 

 

 Ein Krokodilschild im Litchfield Nationalpark im Norden Australiens lies für kurze Zeit meine Gedanken über das gewollte Schwimmen in eine Billabong (Wasserloch) kreisen. Sollte ich nun trotz dieses Warnschildes ins Wasser gehen oder nicht? Ein Nationalparkranger gab mir schließlich Entwarnung und sagte, dass höchstens ungefährliche Süßwasserkrokodile (Freshies) in diesem wunderschönen Billabong mit zwei traumhaften Wasserfällen schwimmen würden. Naja, kann man ihm trauen? Nachdem ich mir das Wasserloch angeschaut hatte und ca. 25 Kinder, die höchstens 1,40 groß waren, darin schwimmen und planschen sah, entschied ich mich für mein Bad. Ich rede mir ein, dass, sollte sich widererwartend ein gefährliches Salzwasserkrokodil (Saltie) in diesem kühen Naß befinden, dann würde es doch sicher einen kleinen Happen in Form eines Kindes schnappen und nicht einen zähen mittelalten 2 Meter-Typen wie mich! Und so genoss ich und alle anderen im Billabong ohne Zwischenfälle unsere ersehnte Abkühlung.

Dies blieb allerdings mein einziges Badevergnügen im Norden Australiens. Grundsätzlich sollte man dringend die Warnschilder, die man im gesamten Norden vorfinden, auch strengstens beachten. Es erfolgen jährlich Krokodilangriffe auf Menschen, auch mit tödlichem Ausgang.

                                             

Überhalb einer gedachten Linie von Derby, das an der Westküste liegt, bis nach Rockhampton an der Ostküste befindet sich das Reich der Salzwasserkrokodile. Das tropische Klima mit seine vielen Flüssen, den Billabongs und den dazugehörigen Überschwemmungen, die in der Regenzeit weite Gebiet des Nordens überfluten und für Menschen unpassierbar machen, sind für die Krokodile ideale Lebensbedingungen. In den Gebieten leben zudem hunderttausende von Zugvögel, die den Krokodilen ausreichend Nahrung bieten.

                            

 Die Regenzeit mit ihren Cyclonen und herunterströmenden Wassermassen beginnt im Norden etwa im November und dauert bis Januar. In dieser Zeit liegen weite Teile des Landes unter Wasser. Flüsse, die in der Trockenzeit 50 Meter breit sind, treten über ihre Ufer und werden kilometerbreit. Straßen, die man im September noch ohne Bedenken mit dem normalen PKW befahren kann, sind in der Regenzeit selbst für 4WD-Fahrzeuge eine Herausforderung.  Wer schon einmal im Norden unterwegs war wird in Straßenfurten die Tiefenmarkierungen bemerkt haben und sich vielleicht gewundert habe, warum diese Schilder aufgestellt werden. Manche dieser Tiefenmarkierung reichten bis zu einer Höhe von 2 Meter. In der Regnzeit dienen sie den Fahren als Anhaltspunkt um die Tiefe des zu überquerenden Flusses abzuschätzen.

 Für die Menschen, die im nördlichen Australien leben bedeutet die Regenzeit eine gewaltige Umstellung in ihrem Lebensrythmus. Der Regen und die Stürme schlagen den Australiern auf ihr sonst so entspanntes Gemüt. Eine Frau in Darwin erzählte mir, dass die Bevölkerung diese Zeit hasst. Die Laune der Menschen verschlechtere sich dramatisch in diesen drei Monaten. Es gäbe mehr Autounfälle und auch mehr Kriminalität, mehr Ehen würden geschieden und die Nerven sind dem Zerreisen nahe. Man sehnt der Zeit entgegen, wenn die letzten Cylone durchgefegt und der letzte Regen für 9 Monate gefallen ist.

                                       

Für die Krokodile bedeutet die Regenzeit erweitertes Territorium und mehr als genügend Futter auf dem Speisplan. Sie verlassen oftmals ihre angestammten Revier und schwimmen in den überschwemmten Landschaften umher. Gerade diese Zeit ist für Einheimische wie auch Touristen mit einigen Gefahren verbunden. Ein Billabong, in dem ganzen Sommer über gefahrlos gebadet wurde, kann plötzlich von mehreren Salties "besetzt" sein. Ich persönlich würde in dieser Zeit nicht einmal in die Nähe von Wasserlöchern oder Flüssen gehen. Trotz dieser Gefahrenquelle sind Krokodilangriffe mit tödlichem Ausgang nicht an der Tagesordnung in Australien.

 Auf der anderen Seite lies man immer mal wieder in den Nachrichten oder erfährt von Einheimischen Krokodilgeschichten, die deutlich machen, dass auch Menschen ihre Unachtsamkeit gegenüber dem Land und den Tieren mit dem Leben bezahlen müssen. 

         

 Grundsätzlich unterscheidet man in Australien zwei verschieden Arten von Krokodilen - die Süßwasserkrokodile (Freshies) und die Salzwasserkrokodile (Salties). Beide Arten teilen sich im Norden den gleichen Lebensraum. Im Unterschied zu den Freshies können die Salzwasserkrokodile, wie bereits der Name auch sagt, auch im Salzwasser leben. Dies bedeutet, dass diese Tiere sich auch an Flussmündungen, die ins Meer führen sowie auch im direkt im Meer aufhalten können und dies auch tun. Eine besondere, oftmals unerwartete, Gefahr geht deshalb auch von den Stränden im Norden aus. Auch an gefährliche Stränden findet man immer wieder die Warnhinweise, die auf eine Krokodilpopulation hinweisen.

             

                   

  Beide Arten kann man relativ leicht auseinanderhalten. Zum einen sind die Salties viel größer als die Freshies. Salties können bis zu 6,5 - 7 Metern groß werden, die Freshies ereichen oftmals "nur" eine Größe von 2,5 Metern. Zudem erkennt man an der Form der Schnauze die Art. Wie auf obigen Fotos zu erkennen ist, hat das linke Salzwasserkrokodil eine sehr breite und wuchtige Schnauze. Das Freshie rechts hingegen eine eher schmal zulaufende Schnauze. Ein weiteres Erkennungsmerkmal sind die Schuppenpaare knapp hinter dem Kopf gelegen. Ein Salzwasserkrokodil hat 4 ausgeprägte Schuppen nebeneinander und direkt dahinter noch einem 2 (auf dem Foto am Anfang der Seite ist dies gut zu erkennen). Ein Freshie hat nur 2 Schuppenpaare hintereinander.

   

 

 Der große Unterschied zwischen beiden ist aber, dass Salties sehr gefährlich sind und ihre Reviere auch gegen Menschen verteidigen, die Freshies nicht aggressiv und ungefährlich für den Menschen sind. Mit Freshies kann sogar im gleichen Wasserloch gebadet werden.

         

Ein Australier in Darwin gab mir auch einen Tipp, wie ich beide Arten auseinander halten könnte: „Du musst ins Wasser gehen und schauen. Schwimmt das Krokodil von dir weg, dann ist es ein Freshie und schwimmt es auf dich zu, dann ist es ein Salties und du solltest schnell das Wasser verlassen.“ Na was für ein toller Tipp!!

       

 Opfer eines Krokodilbisses wollte ich wirklich nicht werden. Als ich im Australian Zoo von Steve Irwin an einer Krokodilfütterung teilnahm, wurde mir zum ersten Mal richtig bewusst, was diese Gebiss mit mir anrichten könnte. Dieses 5 Meter Salzwasserkrokodil schlug seinen mächtigen und 1 Meter großen Schädel derart hart zusammen und verschlang das Hühnchen, dass der Knall des Zusammentreffens der Kiefer einem Panzerfaustschuss ähnelte. Unglaublich laut und sehr kraftvoll. Entgegengesetzt der Zuschlagskraft des Kiefers beim Zusammenschlagen fehlt dem Krokodil diese Kraft beim Öffnen.

       

Mit einem einfachen Klebeband, das um Ober- und Unterkiefer gewickelt wird, kann der Kiefer geschlossen gehalten werden. Viel sind auch im Irrglauben, dass so ein Krokodil Unmengen an Futter benötigt. Doch dies ist falsch! Ein ausgewachsenes großes Salzwasserkrokodil kann sich durchaus von einer wöchentlichen Portion "halbes Hähnchen" ernähren. Und viele der Krokodile müssen dies auch in der Trockenzeit, wenn der Futtervorrat langsam zu neige geht.

Auf dem Bild links erkennt man Krokodilspuren von Freshies auf den Sandbänke im Nitmuluk Nationalparks.

       

                                                                  

                                                                                                                     Kiss me! I´m a sweet girl!

 In den Krokodilgebieten im Norden werden an sehr vielen Stellen auch Bootstouren auf den Flüssen angeboten. Hierbei sollte man sich auf eine Tour einlassen, auf der nicht das Füttern der Krokodile im Vordergrund steht, sonder die Lebensweise dieser einmaligen Tiere erläutert wird. Dies sind die besten Möglichkeiten Krokodile in ihren Lebensräumen zu beobachten. Und man entdeckt auf einer Bootstour Unmengen dieser Dinosaurier der Neuzeit. 

         

 Als sehr beidruckend für mich empfand ich auch die Tatsache, dass neben den am Flussrand gesichteten Krokodilen, unzählige Artgenossen im Wasser unsichtbar sind. Ein Krokodil kann mit einem Atemzug ca. eine Stunde unter Wasser bleiben. Danach taucht es kurz an die Oberfläche, streckt nur seine Nase aus dem Wasser, atmet ein und taucht wieder ab. Nach Aussage eines Rangers befindet sich ca. alle 50 Flussmeter ein Revier eines großen Männchens und ein bis zwei dazugehörigen Weibchen.In diesem Moment stellte ich mir auch die Frage "was passieren würde, wenn das Boot jetzt umkippen würde oder ich einfach in den nicht sonderlich breiten Fluss springen würde?"

 . Die Antwort gab ich mir recht schnell. Ich hätte die Strecke von 15 Metern bis ans rettende Ufer nicht überlebt. Zu schnell würden die am Ufer liegenden und die im Wasser unsichtbar verborgenen Krokodile auf mich stürzen, mich als Eindringling in ihr Revier sehen und einfach zubeißen, was meine Überlebenschancen nicht unbedingt erhöhen würden.

Sollten sie dennoch einmal einen Menschen töten, dann nicht aus Bosheit oder Hunger. Nein, denn Menschen stehen nicht auf dem Speiseplan dieser Tiere. Alle Angriffe auf Menschen erfolgten nur, weil die Menschen in das Territorium der Krokodile eindrangen und diese ihr Revier verständlicherweise auch verteidigen.

                    

  Für mich sind die Herrscher des australischen Nordens sehr faszinierende und außergewöhnliche Tiere. Sie überlebten Tausende, wenn nicht Millionen von Jahren ohne sich weiterzuentwickeln. Warum auch? Die Natur hat diese Geschöpfe auf unserem Planeten schon so perfekt  entwickelt, dass es nichts mehr nachzubessern gibt. Und sollten dies Tiere nicht vom Menschen ausgerottet werden, dann werden sie noch sehr lange die Welt mit ihrem Dasein beglücken.

                 

 

Ende